Wartezeiten in deutschen Arztpraxen – Eine Bestandsaufnahme

Wartezeiten in deutschen Arztpraxen .– Eine Bestandsaufnahme

Intro: Lange Wartezeiten sind zur Normalität in deutschen Arztpraxen geworden. Ein neuer Arztpraxisreport gibt einen Überblick zur ärztlichen Versorgungslage in Deutschland und zeigt, wie viel Zeit im Durchschnitt beim Arzt verbracht wird. Ein Blick hinter die Kulissen des Gesundheitssystems. Gastautor: Aleksandar Kovacevic

Wartezeiten in deutschen Arztpraxen: Der Extremfall, 2 Monate des Lebens im Wartezimmer „versauern“

Wie der Arztpraxisreport des Telemedizin-Unternehmens Fernarzt berichtet, verbringt der „Durchschnittsdeutsche“ elf Tage seines Lebens beim Arzt. Im Bestfall wartet der Patient nur elf Stunden, aber im Extremfall fast volle zwei Monate! Zur Berechnung der jeweiligen Werte wurden u.a. Angaben der Bundesärztekammer, des Statistischen Bundesamtes und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu Wartezeiten, Häufigkeit der Arztbesuche, Behandlungsdauer oder Entfernung zum nächsten Arzt verwendet.

Weiterhin zeigt der Report wie viel Zeit Frauen, die mit der Antibabypille verhüten, allein für die Rezeptabholung (ohne Vorsorgeuntersuchung) benötigen. Knapp 18 Stunden ihres Lebens verbringen Frauen demnach in Wartezimmern von Frauenärzten. Ausgegangen wurde dabei von einer durchschnittlichen Einnahmedauer von 10 Jahren.

Bis zu 15 Mal im Jahr gehen die Deutschen zum Arzt

Seit 2008 hat sich einiges durch die Einführung der Abrechnung der Versicherten- und Grundpauschalen verändert. Es lässt sich nicht exakt erfassen, wie häufig ein Patient jährlich Kontakt mit einem Arzt aufnimmt. Laut Report kann aber nachverfolgt werden, an welchen Tagen Arztpraxen mindestens eine Leistung für einen bestimmten Versicherten erbringen – laut BARMER waren es im Jahr 2017 durchschnittlich 15 Tage mit Leistungsabrechnung. Darunter fallen Leistungen wie Diagnosen, Praxisbesuche, Anrufe, sowie das Abholen eines Rezepts. Ebenfalls zeigt der Report, dass die Anzahl der Tage mit Leistungsabrechnung stark geschlechts- und altersabhängig ist. Mit 6,5 Leistungsabrechnungstagen erreichen Männer im Alter von 20 bis 24 Jahren den geringsten Wert – bei Frauen im gleichen Alter liegt der Wert doppelt so hoch.

Wie häufig der Arzt tatsächlich in seiner Praxis aufgesucht wird, lässt sich jedoch nur schwer ermitteln. Einer Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus dem Jahr 2019 nach waren die meisten Befragten bis zu fünf Mal im Jahr beim Arzt. Fachärzte werden deutlich seltener aufgesucht als Hausärzte.

Überraschende Erkenntnis: Auf dem Land gibt es mehr Hausärzte pro Kopf als in der Stadt

Ein gesundheitliches Thema zieht seit Jahren den medialen Fokus auf sich und löst hitzige Diskussionen aus: der Ärztemangel. Dabei ist die Anzahl der Ärzte in den letzten Jahren tatsächlich gestiegen, sodass heute pro Einwohner mehr Ärzte vorhanden sind als noch vor 20 Jahren. Problematisch ist aber die steigende Zahl an älteren Patienten, da diese eine deutlich höhere Zahl an Arztbesuchen aufweisen als junge. Bis 2060 soll der Prozentsatz der Bevölkerung, die älter als 65 Jahre sind, auf 31 Prozent ansteigen. Hinzu kommt, dass immer mehr Ärzte in Teilzeit arbeiten und die vertragsärztlichen Kapazitäten der KBV zufolge lediglich ein Plus von 0,2 Prozent für das Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr ergeben haben. Das Ergebnis: Der momentane Status Quo der angebotenen Gesundheitsleistungen kann mit dem steigenden Bedarf in Deutschland nicht mithalten.

Wie die Verfügbarkeit von Hausärzten sowie verschiedenen Fachärzten deutschlandweit ist und wie sich die Unterschiede nach städtischen und ländlichen Regionen gestalten, zeigt die interaktive Karte von Fernarzt.

Finden Sie den vollständigen Arztreport bei Fernarzt.

Foto: Kalhh, Pixabay